Liebe Charlotte Würdig – Ein offener Brief gegen den Schlankheitswahn nach der Schwangerschaft

Liebe Charlotte Würdig,

eigentlich wollte ich nichts sagen, nach deinem voll an der Realität vorbeigehendem Instagram-Post. Ich wollte dir keine Plattform geben aber da man kaum noch an dir vorbeikommt, ohne deine überheblichen Kommentare zu lesen, will ich dir doch noch etwas sagen.

Aus eigener Erfahrung kann ich natürlich verstehen, dass man so schnell, wie möglich wieder in seine alte Form kommen möchte und sich unwohl im neuen Körper fühlt, denn vor allem in deinem Job ist es wichtig schnell wieder gut auszusehen. Aber hast du schon einmal darüber nachgedacht, warum es wichtig ist, so schnell wieder gut auszusehen, wenn man so in der Öffentlichkeit steht wie du?
Weil jemand, wie du, leider die Maßstäbe setzt, was zu dick oder zu dünn ist. Und solche Kommentare, wie du sie in den vergangenen Wochen und Jahren von dir gegeben hast, machen niemandem Mut.

Du sagst, du kannst jeder Frau, die gerade ein Kind bekommen hat helfen. Egal, ob vegan, vegetarisch, stillend oder nach einem Kaiserschnitt. Du sagst, es gibt keine Entschuldigung. Meiner Meinung nach setzt du all diese Frauen unter Druck.
Niemand soll nach einer Geburt das Gefühl haben, nicht gut genug zu sein, denn der Körper hat gerade zehn Monate Schwerstarbeit geleistet. Aber genau dieses Gefühl ist es, das du uns normalen Frauen vermittelst.

Hast du schon einmal darüber nachgedacht, dass es den meisten Frauen nicht so gut geht, wie dir? Dass sie eventuell keinen Mann an ihrer Seite haben, dem es finanziell so gut geht? In unserer Realität ist es vielmehr so, dass der frischgebackene Papa in Vollzeit arbeiten gehen muss und von den schlaflosen Nächten und der Arbeit so geschafft ist, dass ich Verständnis dafür habe, dass er auch mal eine Pause braucht.

Hast du mal an die Mütter gedacht, die mit einem Schreibaby zu kämpfen hatten? Mütter, die deswegen so geschafft waren, dass an nichts weiter zu denken war, außer ans „Überleben“? Das sind genau die Mütter, die irgendwann am Ende ihrer Kräfte glücklich darüber sind, dass das Kind 40 Minuten schläft und sie überhaupt mal etwas essen können.

Du sagst, dass man für dein Training nur 40 Minuten an 5 Wochentagen Zeit benötigt? So viel Zeit für mich hätte ich im ersten Jahr mit meiner Tochter gerne mal gehabt, denn meine Tochter war genau so ein Kind, dass viel geschrien hat und ständig an mir klebte und sich weder ablegen, noch von anderen beruhigen ließ.
Auch der Haushalt muss geführt werden… Also, sorry Charlotte, aber ich bin der festen Überzeugung, dass die meisten frischgebackenen Mamas auch ohne deine Ansprüche schon genug zu tun haben.

Was ist denn mit den Müttern, die körperlich noch nicht gesund sind? Zum Beispiel Probleme mit der Kaiserschnittnarbe haben, Geburtsverletzungen, die Schmerzen verursachen oder eine Schilddrüsenunterfunktion haben? Wie sollen diese Frauen den Ansprüchen genügen, die du in der Öffentlichkeit vorgibst?
Ich habe während meiner Schwangerschaft eine Schilddrüsenunterfunktion erworben und kämpfe mit jedem Kilo, denn bei dieser Erkrankung ist der Stoffwechsel so langsam und runtergefahren, dass Abnehmen fast unmöglich ist.

Was ist mit Rückbildung und dem Wochenfluss oder dem ausgeleiertem Beckenboden mit all seinen Konsequenzen? Hat eine Moderatorin so etwas nicht? Du lässt uns zumindest nichts davon wissen.
Vergiss aber dabei nicht, dass wohl fast alle Frauen, mit diesen Problemen kämpfen. Dass teilweise normale Spaziergange oft nicht ohne Schmerzen möglich sind.

Du sagst, du hast eben auf Kohlehydrate verzichtet? Bedenke aber, dass du stillenden Müttern eine ausgewogene Ernährung raten solltest. So eiweißhaltig und einseitig sollte sich keine stillende Mutter ernähren.

Deiner Meinung nach braucht man nur etwas Disziplin und muss etwas machen? Ich finde du machst dir das zu einfach. Bedenke, dass nicht jeder so ist, wie du. Nicht jeder ist gesund oder hat so ein entspanntes Baby, wie du!

Jetzt bist du wieder schwanger. Du kannst uns in einigen Monaten also wieder deinen tollen gestählten Körper präsentieren und uns erzählen, wie leicht das alles ist.
Es ist in Ordnung, dass du stolz bist und deinen Körper dann auch zeigen möchtest. Tu dies auch. Denke aber bitte an all die Dinge, die bei anderen Müttern eben auch anders laufen. Bei denen es nicht so läuft, wie bei dir!

Ich wünsche dir alles Gute

Deine Daniela

9 Gedanken zu “Liebe Charlotte Würdig – Ein offener Brief gegen den Schlankheitswahn nach der Schwangerschaft

  1. BettyBelles schreibt:

    Mal abgesehen davon, daß mangelnde Zeit, Müdigkeit, Stress, Stillen, Arbeit, Geschwisterkinder und, und ,und eine frischgebackene Mutter vom „Stählen“ ihres „Bodies“ abhalten können, finde ich schon das Wort und die Wichtigkeit des After-Baby-Bodies zum Kotzen. Nach fünf Kindern darf ich, glaube ich, dazu etwas sagen. Was für einem Quatsch und Körperkult-Wahnsinn setzen wir Frauen uns gegenseitig aus? Müssen wir uns ständig beweisen und im Wettstreit stehen? Geht’s nicht mal entspannt und easy? Das unwichtigste für so einen neuen Erdenbürger, und der sollte ja wohl im Mittelpunkt stehen, ist, ob der Body der Mama in shape ist. Wer bestimmt überhaupt wann wir diesen Optik-optimalen Zustand erreicht haben? Wer ist überhaupt Charlotte Würdig? Frau von Sido, ok! Aber was bedeutendes hat sie gemacht, um sich so zu äußern? Gibt’s nichts wichtigeres für uns Frauen als so ’nem Promi-Anhängsel zuzuhören und uns dann schlecht zu fühlen? Ich denke schon. Meine Kinder lieben meine Rundungen und würden ein Klappergestell zum Kuscheln bestimmt verschmähen. Kuscheln, genau das werd‘ ich jetzt auch tun. Lg Betty

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      • BettyBelles schreibt:

        Mich nervt dieser Körperkult unbändig. In den letzten 20 Jahren, in denen meine Kinder geboren wurden, ist dieser Quatsch immer schlimmer geworden. Miteinander reden wäre unter Müttern im Zweifel besser, als übereinander und mit Kaffee und nem Stückchen Nervenfutter dazu, wäre doch der gestressten Müttergemeinde viel mehr geholfen. Wer soll denn noch dieser BUNTE-Hochglanz-Photo-Shop-Welt entsprechen?

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  2. BettyBelles schreibt:

    Hat dies auf BettyBelles rebloggt und kommentierte:
    Mir gehen diese Promi-Frauen mit perfektem After-Baby-Body auch total auf die Nerven. Haben die nichts besseres zu tun, als sich gegenseitig anzuzicken bzw. die Welt und alle zur Verfügung stehenden Medien mit ihrem Hochglanz-sinnentleerten Alltag vollzumüllen? Macht doch lieber Charity oder irgendwas nützliches. Wie wäre es mit ehrenamtlicher Hilfe? Oder nehmt eure rappenden Männer, Hammer und Nagel und repariert marode Spielplätze. Das ist auch Work-out und zaubert ein Lächeln in Gesichter. Damit geht ihr jedenfalls niemandem auf den S… !

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  3. littlechewie schreibt:

    Es scheint als ob all diese ‚perfekten‘ Weiber mit Ihren super Körper nicht begreifen wollen das es etwas wichtigeres nach der Schwangerschaft gibt, als schnell wieder schlank zu sein, – Das Kind sollte da doch an erster Stelle stehen. 😉

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  4. nele7214 schreibt:

    Man ist auch ohne Super Körper eine Super Mutti. Danke für deine Ansage an die lieben Freaks da draußen, die uns normalo Muttis unter Druck setzen. Ich schäme mich jedes Mal aufs Neue, wenn ich sowas lese oder Bilder sehe und denke: na toll, ich sehe nach fast 2 Jahren immer noch aus, wie ein Michelin Männchen. Nicht schön aber is so. Mich machen ein paar Karotten und körniger Frischkäse am Tag einfach nicht satt und ich bekomme schlechte Laune….dann bekommt die kleine tapfere Heldin auch schlechte Laune. Also, her mit der Schokolade. Noch sind die Ringe im Grenzwert 😉

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